„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ In diesem Spruch steckt viel Wahrheit. Wenn man genau hinsieht, erzählen die Fotografien von Patrick Reinig ganze Lebensgeschichten – von glücklichen und angsterfüllten Zeiten, von körperlichen und seelischen Strapazen, von Freude und Leid, von Sehnsucht nach der Heimat und Angst vor der Zukunft, von Abschieden, Trauer und neuer Hoffnung.
Die 24 Portraits von Menschen, die vor Krieg, Terror, Hunger und Armut zu uns nach Regensburg geflüchtet sind, sind bewusst ganz reduziert gehalten. Ein Gesicht in Großaufnahme. Haare, Augen, Nase, Mund – dahinter ein weißes Nichts. Keine Kleidung, die ablenken könnte, kein mitleiderregender Hintergrund mit zerstörten Häusern, keine Tränen, kein gekünsteltes Lachen, keine gestellten Posen – einfach nur Nahaufnahmen von Menschen, so wie sie Patrick Reinig zwischen November 2015 und März 2016 in den Regensburger Notaufnahmeeinrichtungen getroffen hat.
Flüchtlinge als das zeigen, was sie sind – nicht Teil einer undefinierbaren Masse, sondern individuelle Menschen wie du und ich – das war Reinigs Intention, als er gemeinsam mit der Autorin Dr. Christine Rüth ehrenamtlich das Projekt „FLUCHT.PUNKT.MENSCH – Begegnungen mit Menschen, die zu uns geflohen sind“ ins Leben rief. Deshalb wird auf den Portraits auch immer ein kleiner Text angebracht, in welchem sie ihre persönliche Geschichte erzählen.
Die individuellen Schicksale, die sich in den kurzen Texten widerspiegeln, führen dem Leser klar vor Augen, dass sich kein Mensch einfach aus einer Laune heraus auf eine lebensgefährliche Reise begibt, um in Deutschland Asyl zu beantragen. Viele Menschen haben unbeschreibliches Leid erfahren, mussten um ihr Leben fürchten und gaben alles auf, was sie hatten. Der nüchterne und einfache Stil der Texte gibt wieder, auf welche Art die Portraitierten ihre Geschichte erzählten – oft fehlten die Worte oder die Kraft, das verlorene Leben zu beschreiben – und so schwingt zwischen den Zeilen Unbegreifliches mit.
Trotzdem sind die Bilder auch ein Sinnbild für Hoffnung und Neuanfang. Der weiße Hintergrund, vor dem die Menschen stehen, symbolisiert ihren aktuellen Zustand: Sie sind geflüchtet. Punkt. Sie sind angekommen. Punkt. Was jetzt bleibt, ist der Mensch, das Individuum. Die Zukunft liegt vor ihm wie ein weißes Blatt Papier. Jetzt liegt es an ihm, was er daraus macht.
Aber es liegt auch an uns. Wir haben diese Menschen bei uns aufgenommen, ihnen Essen und Trinken, medizinische Versorgung und Schutz gegeben. Jetzt sollen sie in unserer Stadtgesellschaft ankommen, die Traumata der Vergangenheit hinter sich lassen und neu anfangen. Wir wissen nicht, wie ihre Zukunft aussieht. Ob ihre Asylanträge genehmigt werden, ob sie hierbleiben, weiterziehen oder in ihre Heimat zurückkehren.
Patrick Reinig und Christine Rüth haben den Moment eingefangen, an dem die Menschen jetzt stehen – ihre Zukunft ist ungewiss. In jedem Fall soll das Projekt aber alle Wege ebnen und die Flüchtlinge zumindest symbolisch in der Stadtgesellschaft ankommen lassen. Anders als bei einer normalen Fotoausstellung werden die Bilder nämlich nicht (nur) statisch nebeneinander ausgestellt, sondern gehen auf Wanderschaft zu verschiedenen Paten, die sie in ihren Häusern zeigen und so Raum für Begegnungen schaffen – Begegnungen mit Menschen, die zu uns geflohen sind.
JOACHIM WOLBERGS
OBERBÜRGERMEISTER & SCHIRMHERR VON FLUCHT.PUNKT.MENSCH
“A picture says more than a thousand words.” There is a lot of truth in this saying. If you look closely, Patrick Reinig’s photographs tell the story of entire lives – of times of happiness and times full of fear, of physical and emotional ordeals, of joy and suffering, of homesickness and fear of the future, of partings, grief and new hope.
Here are 24 portraits of people who have fled from war, terror, hunger and poverty and come to us in Regensburg, and the decision to keep them simple was a conscious one. The close-up of a face. Hair, eyes, nose, mouth – and behind that a white void. No clothing that could distract the eye, no destroyed buildings in the background to arouse pity, no tears, no artificial smiles, no contrived poses – just close-ups of people as Patrick Reinig found them in the emergency shelters in Regensburg between November 2015 and March 2016.
Showing refugees as what they are – not part of an undefinable mass, but individual people like you and me – that was Reinig’s intention when he launched the voluntary project “FLUCHT.PUNKT.MENSCH – Meeting people who have fled to us” together with the author Dr. Christine Rüth. That is why there is always a brief text under each portrait where they tell their own personal story.
What has happened to each individual, as reflected in the brief texts, really brings home to the reader that no-one just sets off on a perilous journey on a whim to apply for asylum in Germany. Many people have experienced indescribable suffering, feared for their lives and given up everything they owned. The simple, sober style of the texts reflects how the people in the portraits told their stories – they were often at a loss for words or did not have the strength to describe the lives they had lost – and so, between the lines, you get the sense of something unfathomable.
Despite that, the pictures are also a symbol of hope and new beginnings. The white background behind the people symbolises their current situation. They have fled. Full-stop. They have arrived. Full-stop. What now remains is the person, the individual. The future lies ahead of them like a white sheet of paper. And now it is up to them what they make of it.
But it is also up to us. We have taken in these people, and we have given them food and drink, medical care and protection. Now they should arrive in our society here, leave the traumas of the past behind them and make a new start. We do not know what the future holds for them. Whether they will be granted asylum, whether they will stay here, move on or go back home. Patrick Reinig and Christine Rüth have captured the moment where the people are now – their future is uncertain. But whatever happens, the project should smooth the way for the refugees, and let them arrive in Regensburg society at least symbolically. As opposed to a normal photo exhibition, the pictures will not (just) be exhibited statically one next to the other, but will be on tour to various sponsors who will show them in their houses, thus creating space for encounters – encounters with people who have fled to us.
JOACHIM WOLBERGS
LORD MAYOR AND PROJECT PATRON OF FLUCHT.PUNKT.MENSCH
1967 in Weiden i. d. Opf. geboren, war mir im Alter von 12 Jahren schon klar, was ich beruflich machen wollte. Dem Wunsch meiner Familie, einen soliden Beruf zu wählen und Arzt zu werden, konnte und wollte ich nicht folgen. 1989 ging ich also nach Regensburg, um im Studio von Wolfram Schmidt meine klassische Photographen-Ausbildung zu absolvieren. In den folgenden Jahren im Studio verfeinerte ich meine photographischen Techniken, meine visuelle Wahrnehmung und die Umsetzung von Themen in Bilder.
1998 machte ich mich schließlich selbstständig. Seither arbeite ich im Bereich der Kommunikations-Photographie für Unternehmen und Industrie.
In meiner täglichen Arbeit ist es für mich auch wichtig, immer wieder eigene Projekte zu realisieren. Projekte wie z. B. „Tango 2013“ und „Regensburg im Panorama“, das u. a. zum Jubiläum der Städtepartnerschaft Regensburg-Pilsen 2008 im Stadtpark von Pilsen ausgestellt wurde, lassen mich meine Liebe zur Photographie ausleben.
Meine Inspiration und Kraftquellen für meine Arbeit sind meine Frau und meine beiden Kinder.
Sie sind es auch, die mich zu diesem Projekt geführt haben.
Mehr zu mir und meiner Arbeit finden Sie unter www.patrick-reinig.com
I was born in Weiden i.d. OPf. in 1967, and already knew by the age of 12 what I wanted to do as a career. I could not and did not want to follow my family’s wish that I choose a respectable profession and become a doctor. So in 1989 I went to Regensburg to complete my classical training as a photographer in Wolfram Schmidt’s studio. In the subsequent years in the studio I refined my photographic techniques, my visual perception and the conversion of themes into images.
I finally started my own business in 1998. Since then I have been working in the field of communication photography for firms and industry.
In my day-to-day work it is also important for me to carry out new projects again and again. I can live out my love of photography with projects like “Tango 2013” and “Regensburg in Panorama”, that was exhibited on the anniversary of the Regensburg-Pilsen twinning in Pilsen city park in 2008, for instance.
My inspiration and source of energy for my work are my wife and two children.
They are also the ones who led me to this project.
You can find out more about me and my work at www.patrick-reinig.com
Ich bin 49 Jahre alt und lebe seit 16 Jahren in Regensburg. Aufgewachsen bin ich in Waldsassen, einer Kleinstadt in Nordbayern, direkt an der Grenze zu Tschechien. Als Teenager wollte ich Entdecker werden, wenn ich groß bin. Diesen Traum habe ich verwirklicht.
Ich studierte in Regensburg Physik und ergatterte ein Stipendium für ein Studienjahr in den USA. Während meiner Promotion in Bremen reiste ich auf Forschungsschiffen durch die Welt. 1999 kehrte ich nach Regensburg zurück und lernte als Marketing-Ingenieurin in der Halbleiterindustrie Asien kennen. Seit 2008 betreibe ich in Regensburg ein Büro für Wissenschaftskommunikation und technisches Marketing. Ich arbeite unter anderem als Redakteurin und Autorin für wissenschaftliche und technische Texte für verschiedene Auftraggeber aus Industrie und Forschung. Meine Aufgaben reichen von Newslettern und Forschungszeitschriften von Unternehmen und Universitäten bis hin zu Presse- und Fachtexten für die High-Tech Industrie.
Ich beteilige mich ehrenamtlich als Texterin an dem Projekt FLUCHT.PUNKT.MENSCH, weil es mir ein Anliegen ist, dass die Regensburger ihre neuen Mitbürger kennenlernen. Meine kurzen Texte erzählen von dem Leben, das die Flüchtlinge zuhause zurücklassen mussten und von ihren Wünschen für die Zukunft. Sie sollen den Lesern ermöglichen, sich mit den Neuankömmlingen, denen sie auf den Fotos begegnen, zu identifizieren.
Mehr Information über mich: www.christinerueth.de
I’m 49 years old and I’ve been living in Regensburg for 16 years. I grew up in Waldsassen, a small town in North Bavaria right on the border to the Czech Republic. As a teenager, I wanted to be a discoverer when I grew up. And that dream came true.
I studied physics in Regensburg and landed a scholarship to study in the USA for a year. While I was doing my doctorate in Bremen, I travelled all over the world on research ships. I went back to Regensburg in 1999 and got to know Asia as a marketing engineer in the semi-conductor industry. I have been running an office for science communication and technical marketing since 2008. One of my fields of work is as an author and editor for scientific and technical texts for various clients from research and industry. My tasks range from company and university newsletters and research magazines to press releases and specialist texts for the high-tech industry.
I got involved in the FLUCHT.PUNKT.MENSCH project as a writer in an honorary capacity because it is important to me that the people of Regensburg get to know their new fellow citizens. The brief texts I have written talk about the lives the refugees have had to leave behind and about their wishes for the future. They are intended to help the reader identify with the newcomers they encounter on the photos.
More about me here: www.christinerueth.de
Ein ganz großes Dankeschön ...
... geht an all die Menschen, die den Mut hatten, sich fotografieren zu lassen und uns ihre Geschichte erzählt haben.
Auch Sie alle haben mitgeholfen, dass dieses Projekt entstehen konnte (in alphabetischer Reihenfolge):
Achim Rau, Flüchtlingspate
Andreas Reindl, Stadt Regensburg
Anwer Said, Dolmetscher
Christiana Schmidbauer, Stadt Regensburg
Klemens Unger, Stadt Regensburg, Kulturreferent
Daniela Long, Stadt Regensburg
Edeltraud Donauer, Flüchtlingspatin
Joachim Wolbergs, Oberbürgermeister
Juliane v. Roenne-Styra, Stadt Regensburg
Katharina Spitzner, Donau-Einkaufs-Zentrum
Kristina Klement, Stadt Regensburg
Lena Flor, BFZ
Lobna Meddeb , Dolmetscherin
Maraua Ouerghemi, Dolmetscherin
Marcus Spangenberg, Vorsitzender der REWAG Kulturstiftung
Max Brachinger, Fotoassistent
Peter Kuchler, Werbetechnik Kuchler
Rachel Teear, Nowak GmbH Übersetzungen
Sandra Gretschel, Stadt Regensburg
Silvia Gross, Flüchtlingspatin
Stefan Aumüller, Aumüller Druck GmbH & Co. KG
Sven Seeberg, Campus Asyl
Theresa Forster, Nowak GmbH Übersetzungen
Traudi Lacher-Jödicke, Flüchtlingspatin
A very big thankyou ...
... to all those who were brave enough to be photographed and tell us their stories.
And all of you also helped to make this project possible (in alphabetical order):
Achim Rau, refugee sponsor
Andreas Reindl, City of Regensburg
Anwer Said, interpreter
Christiana Schmidbauer, City of Regensburg
Klemens Unger, City of Regensburg, Department of Arts and Culture
Daniela Long, City of Regensburg
Edeltraud Donauer, refugee sponsor
Joachim Wolbergs, Lord Mayor
Juliane v. Roenne-Styra, City of Regensburg
Katharina Spitzner, Donau-Einkaufs-Zentrum
Kristina Klement, City of Regensburg
Lena Flor, BFZ
Lobna Meddeb, interpreter
Maraua Ouerghemi, interpreter
Marcus Spangenberg, Chairman of the REWAG „Kulturstiftung“ (arts council)
Max Brachinger, photography assistant
Peter Kuchler, Werbetechnik Kuchler
Rachel Teear, Nowak GmbH, translations
Sandra Gretschel, City of Regensburg
Silvia Gross, refugee sponsor
Stefan Aumüller, Aumüller Druck GmbH & Co. KG
Sven Seeberg, Campus Asyl
Theresa Forster, Nowak GmbH, translations
Traudi Lacher-Jödicke, refugee sponsor